In den letzten Wochen hat es zahlreiche Debatten um die Reform des Urheberrechts in Europa gegeben. Am Samstag dem 23. März gingen zehntausende gegen die Urheberrechtsreform auf die Straße. Sie sehen die Freiheit des Internets bedroht. Als wenn diese nicht schon längst in den Händen der Konzerne läge. Deutlich haben europäische Autoreninnen- und Autorenverbände am Freitag für die Verabschiedung der EU-Urheberrechtsreform plädiert: “Die Zukunft der Urheberinnen und Urheber”. Dem ist nachdrücklich zuzustimmen.
Die Abgeordneten des Europäischen Parlaments werden am Dienstag, dem
26. März 2019, über die »Richtlinie über das Urheberrecht im digitalen Binnenmarkt« abstimmen. Dies ist ein historischer Moment, dessen Folgen für die Zukunft aller Urheberinnen und Urheber in Europa, in den verschiedenen Kreativbereichen und insbesondere im Buchsektor, entscheidend sein wird.
Für ein gutes Verständnis der aktuellen Materie empfiehlt sich ein Artikel von Adrian Kreye aus der Süddeutschen vom 23. März 2019. Er ruft den Demonstranten zu: “Ihr unterstützt datengierige US-Konzerne!” So ist es.
Heinrich Bleicher-Nagelsmann
Ergänzung am 26. März 2019:
Das EU-Parlament hat mit 348 Ja-Stimmen bei 274 Gegenstimmen und 36 Ent-haltungen die Richtlinie angenommen. Siehe hier
PS: Im übrigen sei noch einmal daran erinnert:
“Der Künstler mit der Samtjacke hat abgewirtschaftet. In dem Augenblick, wo ein Kunstwerk die Werkstatt verläßt, um auf dem Markt angepriesen zu werden, ist es Ware geworden, und es ist das Verdienst des Schutzverbandes Deutscher Schriftsteller, diese Erkenntnis in alle Kreise der Schriftsteller verbreitet zu haben. Es schämt sich niemand mehr, von seiner künstlerischen Arbeit zu leben, sie auszunutzen, Abrechnung zu fordern … ein Schriftsteller, der diese einfachsten marxistischen Grundbedingungen seines Schaffens hochmütig ignorieren wollte, wäre ein Lügner oder ein sehr wohlhabender Amateur. Die Pflichten des Schriftstellers liegen klar zutage:
Der Schriftsteller darf nicht verlangen, dass sein Verleger nur ein Mäzen sei. Er hat sich nicht allein auf den Verleger zu verlassen; er muß selber das Urheberrecht kennen, daher hat er die Pflicht, die ihm vorgelegten Abrechnungen sauber zu prüfen, und wenn er das nicht kann, muß er einen geschäftskundigen Mann damit beauftragen; der Schriftsteller darf nichts Unmögliches vom Verleger verlangen, er muß also die Marktlage zu beurteilen wissen und die Möglichkeiten seiner geschäftlichen Erfolge erkennen; der Schriftsteller muß organisiert sein; der Schriftsteller sei kein lyrisches Mondkalb.
… Im allgemeinen aber ist, wie es nicht anders sein kann, der Autor dem Verleger an geschäftlicher Tüchtigkeit und Erfahrung unterlegen. Ist der Verleger ein Schwein, dann ist der Autor geliefert.
Kurt Tucholsky “Schmiede und Schmiedegesellen”
in: Die Weltbühne, 20.08.1929, Nr. 34, S. 284