„Jetzt habe ich, allerdings unter Investierung von viel Geld, in Berlin&Leipzig eine schöne Bibliothek von mehr als 700 Bänden zusammengekauft: eine richtige und notwendige Handbibliothek für einen Professor der Kulturgeschichte“, schreibt Hans Mayer im Februar 1946 stolz an seinen ehemaligen Frankfurter Assistenten Walter Wilhelm.¹ Im Lauf seiner Leipziger Zeit wächst diese Bibliothek auf ca. 5000 Bände an.
Nachdem Mayer im Herbst 1963 nicht mehr in die DDR zurückkehrte, wurde seine Wohnung durch die Leipziger Staatsanwaltschaft beschlagnahmt und zwangsversteigert. Die Bibliothek übernahm Wilhelm Girnus für das germanistische Institut der Humboldt-Universität zu Berlin.² In dem jüngst erschienen Buch »Schreiben lernen im Sozialismus«³, wird im Zusammenhang mit Hans Mayers Einsatz für die Neugründung des »Deutschen Literaturinstituts Leipzig«, als Nachfolgeeinrichtung des ehemaligen »Johannes R. Becher Instituts« berichtet, dass Mayer seine ehemalige Leipziger Privat-Bibliothek dem neuen Institut vermachte. Als Quelle für diese Nachricht wird der „Spiegel“ Nr. 30 von 1992 zitiert. Nach Informationen der Bibliothek des Literaturinstituts sind die Bücher dort allerdings nicht angekommen. Die Frage: Wo sind sie geblieben? Wir werden versuchen, das herauszufinden.
Das Buch von Lehn u.a. ist äußerst interessant, nicht nur in Bezug auf die Entwicklung und die Abwicklung des »Johannes R. Becher Instituts«. Man findet auch viele Ausführungen, die deutlich machen, warum Hans Mayer und Ernst Bloch sich mit ihren Vorstellungen zu kritischem Marxismus und der literarischen Moderne gegenüber dem ästhetischen und kulturpolitischen Diskurs und dem Konzept des „sozialistischen Realismus“ der DDR-Führung nicht behaupten und durchsetzen konnten.
1 Siehe Hans Mayer, Briefe 1948-1963, Leipzig 2006, S. 16
2 Ebenda, S. 597
3 Isabelle Lehn, Sascha Macht Katja Stopka, Schreiben lernen im Sozialismus – Das Institut für Literatur »Johannes R. Becher«, Göttingen 2018, S. 545